Aus Anlass des 50. Jahrestages von Sunny veröffentlicht Trocadero das gleichnamige Originalalbum als remasterte Neuauflage.
Die Story von Bobby Hebb und „Sunny“ – von Bill Dahl (dt. Übersetzung: Stephan Glietsch)
In seiner Heimatstadt Nashville hauptsächlich mit Country aufgewachsen, fand Hebb später ein neues Zuhause in der hippen New Yorker Soul- und Jazzszene und hatte 1966 mit ”Sunny” seinen größten Erfolg. Der von Bobby Hebb selbstgeschriebene Song wurde ein Welthit und avancierte zum Popklassiker. Es gibt mehr als 2.000 (!) veröffentlichte Coverversionen des Songs.
Robert Alvin von Hebb wurde am 26. Juli 1938 in Nashville geboren. Seine Eltern waren beide blind, schon im zarten Alter von drei Jahren lernte Bobby stepptanzen und noch im selben Jahr begannen er und sein älterer Bruder Harold mit der Vaudeville-Truppe Jerry Jackson And His Hepcats zu tingeln. Harold brachte dem Dreikäsehoch Bobby seine ersten Schritte bei und lehrte seinen kleinen Bruder außerdem, mit Löffeln zu musizieren.
1950 sah Country-Superstar Roy Acuff Bobby spielen und lud ihn ein, sein Gesangstalent, seine Tanzkünste und sein rhythmisch komplexes Löffelspiel in den Dienst seiner populären Band The Smoky Mountain Boys zu stellen. Damals mehr als ungewöhnlich für einen berühmten weißen Country-Künstler, einem Afroamerikaner eine solch prominente musikalische Rolle in seiner Band zu geben. Hebb tourte als Mitglied von Acuffs Truppe durch den Süden der USA und der Hillbilly-Star setzte sich persönlich dafür ein, dass dem Jungen unterwegs mit Respekt begegnet wurde.
Am Ende des Jahres 1961 brach Hebb nach New York auf, wo er die Bekanntschaft der R&B-Veteranen King Curtis, Bernard Purdie und Jimmy Castor machte. Bobby bekam ein Engagement im angesagten Nachtlokal Blue Morocco. Wenn er gerade mal nicht in einem Jazz-Club namens Freddie abhing, wo er Thelonious Monk und Stanley Turrentine kennenlernte, machte Hebb auf den Bühnen des Big Apple erste Gehversuche als Solo-Act.
Im November 1963, einen Tag nach der Ermordung John F. Kennedys, wurde Harold Hebb vor einem Nachtclub in Nashville erstochen. Doch anders als die Legende besagt, waren diese Tragödien für die Entstehung von ”Sunny” wohl nicht, oder zumindest nicht alleine das ausschlaggebende Moment. Wie der Kampf um die Bürgerrechte, dem Civil Rights War, und diverse private Rückschläge in dieser Zeit, waren vermutlich aber auch diese Erlebnisse Teil von Bobbys Motivation. In einem Interview sagte Hebb, die wesentliche Inspiration sei ein violett leuchtender Sonnenaufgang nach einer langen Nacht in New York gewesen. Aufnehmen sollte Bobby ”Sunny” schließlich für ein Unterlabel von Mercury Records, nämlich Philips.
Von den Songs, die am 21. Februar 1966 im Bell Sound eingespielt wurden, war ”Sunny” Überraschenderweise erst zuletzt an der Reihe. Es waren nicht mehr alle Musiker im Studio, aber noch ein wenig Studiozeit übrig.
”Sunny” erschien im Frühjahr 1966, erreichte die Spitze der Pop-Charts des Cash Box Magazins, wurde mit Gold ausgezeichnet und eroberte in der Folge Platz #2 der Pop- und Platz #3 der R&B-Charts des Billboard-Magazins. Mit einem Schlag war Bobby ein sehr gefragter Mann, und als Bobby Hebb neben The Remains, The Cyrkle und den Ronettes die Konzerte auf der letzten Amerikatournee der Beatles als Co-Headliner eröffnete, spielte er plötzlich in solch riesigen Venues wie dem International Amphitheater in Chicago und dem New Yorker Shea Stadium.
Auch auf der anderen Seite des Atlantiks, in England, konnten die Musikfans von ”Sunny” offenbar gar nicht genug bekommen. Im September 1966 standen nicht weniger als drei (!) Versionen des Songs in den britischen Charts, ein absolutes Novum. Dicht auf Bobbys Original folgten Coverversionen von Cher und dem Briten Georgie Fame.
1971 waren es einmal mehr seine Songwriting-Talente, die Bobby einen neuen großen Erfolg bescherten: Lou Rawls seidig weiche Interpretation von ”A Natural Man”, das Hebb gemeinsam mit dem Komiker Sandy Baron geschrieben hatte, brachte Rawls einen Hit in den Pop- und den R&B-Charts ein.
Im Jahr 2000 lebte Bobby Hebb in Ann Arbor, Michigan, wo ihn Rüdiger Ladwig aufstöberte. In der Folge arbeiteten die beiden gemeinsam an zwei One Song Compilations mit verschiedensten Versionen von ”Sunny”, die auf Ladwigs Label Trocadero erschienen. Die beiden Anthologien umfassten zusammen 33 klassische Versionen des Songs, darunter Bobbys eigene, und verdeutlichte noch einmal die enorme Vielseitigkeit dieses Songs, der bis heute untrennbar mit Bobby Hebbs Namen verbunden ist. Die Bandbreite reichte von Soul (James Brown, Marvin Gaye, The Four Tops), über Jazz (Stan Kenton, Herbie Mann, Ella Fitzgerald, Jimmy Smith) und Pop (Dusty Springfield, Jose Feliciano, Shirley Bassey) bis zum Rock (Gary Lewis & The Playboys, The Ventures) und machte eindrucksvoll klar: ”Sunny” ist im besten Sinne ”universell”.
Mit seinem dritten und letzten Studioalbum That’s All I Wanja Know bewies Bobby Hebb 2005, das sein unverkennbarer Sound so frisch und relevant war, wie eh und je. Gemeinsam mit Astrid North, der ex-Sängerin der deutschen Band Cultured Pearls, sang er ”Sunny” hier dann erstmalig im Duett.
Bobby Hebb verstarb am 3. August 2010 in seiner Heimatstadt Nashville.
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